Europäische Kommission rügt China wegen Internet-Filtern

Der Lacher des Tages ist sicherlich der folgende Satz:

Das Blockieren oder Filtern bestimmter Internet-Inhalte ist für die Europäische Union völlig inakzeptabel.

Dieser Satz stammt von der EU-Medienkommissarin Viviane Reding. Jetzt bin ich tatsächlich gespannt, wann (und vor allem ob) es demnächst auch eine Rüge für Deutschland geben wird. Ich denke, das werden wir nicht erleben. Ist ja was gaaaaaanz anderes.

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Die Gefahren der geplanten Internetsperren

Morgen ist es soweit: Im Bundestag soll über das Gesetz zur Netzzensur entschieden werden. Anlass für mich, noch einmal laut über die Gefahren eines solchen Gesetzes nachzudenken.

Über die von dieser und folgenden Regierungen möglicherweise ausgehenden Gefahren wurde an vielen Stellen geschrieben, diskutiert und gestritten. Die möchte ich bei dieser Betrachtung ausnahmsweise außen vor lassen. Versucht deshalb mal bitte, Euch einfach für einige Minuten einzureden: Ja, diese und folgende Regierungen werden die Internetsperren ausschließlich gegen Kinderpornographie einsetzen. Ich weiß, es fällt schwer, sich so etwas vorzustellen, aber versucht es bitte.

Und nun schauen wir uns einmal an, was nun passieren wird (ich schreibe bewusst nicht „könnte“, sondern „wird“):

Wir werden in nächster Zeit verstärkt Klagen beobachten können, die sich gegen die Provider richten und diese zwingen sollen, den Zugriff auf bestimmte Inhalte im Netz zu unterbinden. Inhalte, die irgendwem aus irgendeinem Grund ein Dorn im Auge sind. Seien es die gern heran gezogenen Urheberrechtsverletzungen, Glücksspiele, aber ganz sicher auch Seiten wie Youporn.com. Gerade bei letztgenannter haben wir das ja bereits erlebt, Arcor musste zeitweise den Zugriff sperren.

OK, bei den hier genannten Kategorien mögen einige sagen: Was geht es mich an? Ich verzocke mein Geld nicht bei Glücksspielen und Pr0n schau ich mir auch nicht an (wer tut das schon?!). Aber das ist eben nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen befinden sich dann Seiten wie beispielsweise Wikipedia. Was, wenn wieder irgendwem nicht gefällt, was dort über ihn/sie geschrieben steht? Einstweilige Verfügung raus an die Provider, fertig. Sperre wird eingerichtet. So einfach wird das in Zukunft sein.

Wie ich darauf komme? Nun, erst vor wenigen Wochen noch entschied zum Beispiel das Hamburger Landgericht, einem Provider wäre die Blockierung eines bestimmten Internetangebotes wirtschaftlich nicht zumutbar und lehnte diese demzufolge ab, zudem sei die DNS-Sperrtechnik nur „beschränkt geeignet“.
Sollte das Gesetz zur Sperrung kinderpornografischer Angebote morgen allerdings wie befürchtet durchgewunken werden, dann entfallen exakt die Gründe, die in diesem Urteil zu dieser Entscheidung geführt haben. Zumutbarkeit wird nicht mehr hinterfragt, Wirksamkeit ebenso wenig. Die Technik ist da und die Technik ist wirksam genug, um Gesetzen Genüge zu tun. Also muß sie entsprechend genutzt werden.

Von einer Zweckbindung der durch die Provider einzurichtenden Infrastruktur ist nirgends etwas zu lesen. Die Beschränkung auf Kinderpornographie ist nichts anderes als eine „freiwillige (temporäre) Selbstbeschränkung“ der Regierung. Von einer Verpflichtung der Provider, die einzurichtende Zensurtechnik allein und ausschließlich dafür verwenden zu dürfen, ist an keiner Stelle die Rede.

Und damit ist exakt das erreicht, wofür diverse Lobbyverbände seit Jahren bestechen kämpfen: Die Einführung einer Infrastruktur, mit der sich schnell und unkompliziert unliebsame Inhalte das dem Netz entfernen lassen.

Summieren wir das hier nun von mir beschriebene Szenario mit den bereits bekannten Szenarien, wie von dieser oder kommender Regierungen das Gesetz nach Belieben umformuliert und ausgeweitet werden kann, dann sollte auch dem letzten „Hurra“-Schreier klar werden, weshalb es sich eben doch um Maßnahmen zur Einrichtung einer Zensur-Infrastruktur handelt. Und weshalb man weiterhin so wie bisher und noch viel mehr darum kämpfen muß, dass derartige Systeme nicht nur nicht per Gesetz gefordert sein dürfen, sondern strikt verboten sein müssen.

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Du bist Terrorist

Eben gerade mehrfach via Twitter erhalten und für gut befunden: Du bist Terrorist!

Downloadmöglichkeit des Videos und einige Links zum Thema findet Ihr auf der verlinkten WebSite.

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Eine Zensur findet statt!

Artikel 5 des Grundgesetzes besagt:

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Der durch mich fett hervorgehobene Satz hat heute seine Gültigkeit verloren. Das Bundeskabinett hat den Entwurf des „Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ verabschiedet. Die veröffentlichte Pressemitteilung nennt die Kernpunkte dieses Gesetzes:

  • Auf der Basis von Sperrlisten des Bundeskriminalamts werden alle großen privaten Internetzugangsanbieter verpflichtet, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten im Internet durch geeignete technische Maßnahmen zu erschweren;
  • Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine sog. Stoppmeldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornographischen Angebot erschwert wird
  • Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen.
  • Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden.

Diese Mitteilung ist allerdings in meinen Augen nur bedingt korrekt. Lautete ein spezieller Passus dieses Gesetzes vor wenigen Tagen noch wie folgt:

Diensteanbieter nach § 8, die einen öffentlich zugänglichen Internetzugang für mindestens 10000 Teilnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte in der Regel gegen Entgelt ermöglichen, haben geeignete und zumutbare technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Telemedienangeboten, (die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen und) die Bestandteil der Sperrliste des Bundeskriminalamts nach Absatz 1 sind, zu erschweren. Für die Sperrung dürfen vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten verwendet werden. Die Sperrung erfolgt mindestens auf der Ebene der vollqualifizierten Domainnamen, deren Auflösung in die zugehörigen Internetprotokoll-Adressen unterbleibt. Die Diensteanbieter haben die Maßnahmen unverzüglich zu ergreifen, nachdem das Bundeskriminalamt die aktuelle Sperrliste zur Verfügung gestellt hat, spätestens jedoch innerhalb von sechs Stunden.

so wurde in dem heute verabschiedeten Gesetzesentwurf daraus:

Diensteanbieter nach § 8, die den Zugang zur Nutzung von Informationen über ein Kommunikationsnetz für mindestens 10 000 Teilnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte in der Regel gegen Entgelt ermöglichen, haben geeignete und zumutbare technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Telemedienangeboten, die in der Sperrliste aufgeführt sind, zu erschweren. Für die Sperrung dürfen vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten verwendet werden. Die Sperrung erfolgt mindestens auf der Ebene der vollqualifizierten Domainnamen, deren Auflösung in
die zugehörigen Internetprotokoll-Adressen unterbleibt. Die Diensteanbieter haben die Maßnahmen unverzüglich zu ergreifen, spätestens jedoch innerhalb von sechs
Stunden nachdem das Bundeskriminalamt die aktuelle Sperrliste zur Verfügung gestellt hat.

Wie man sieht, wurde eine entscheidende Differenzierung schlicht und ergreifend weggelassen.

Die Provider sollen nun also verpflichtet werden, (mindestens) DNS-Manipulationen für Seiten vorzunehmen, die durch das BKA (ohne eine zusätzliche Kontrollinstanz) auf eine Sperrliste gesetzt werden. Aufrufe auf solche Seiten sollen auf eine Stopp-Seite umgeleitet werden, die von den Providern gehosted wird. Dabei sind Zugriffe auf diese Stopp-Seiten zu protokollieren und die dabei gewonnenen Daten den Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln. „Interessanter“ Aspekt dabei:

„Der Entwurf sehe daher vor, dass es für die Strafverfolger möglich sei, „in Echtzeit“ direkt beim Provider auf die IP-Adressen der „Nutzer“ des virtuellen Warnschilds zuzugreifen. Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn er nicht nachweisen könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe. (heise)“

Es findet also eine Umkehr der Beweislast statt. Es muss niemandem bewiesen werden, dass er eine der gesperrten Seiten besuchen wollte, allein der Zugriff auf eine der Sperrseiten ist ausreichend, um eine Straftat zu begehen. Ein Internetnutzer muss also beweisen, dass er sich möglicherweise vertippt hat oder aber durch einen falschen Link auf einer der Sperrseiten gelandet ist. Zudem darf kein Internetnutzer wissen, welche Seiten denn nun auf der Sperrseite gelandet sind, niemand weiß also, wann er sich strafbar macht.

Das Gesetz sieht folgende Regelung zur Erstellung der Sperrliste vor:

Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt das Bundeskriminalamt eine Liste über vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen (Sperrliste). Es stellt den Diensteanbietern im Sinne des Absatzes 2 arbeitstäglich zu einem diesen mitzuteilenden Zeitpunkt eine aktuelle Sperrliste zur Verfügung.

Das heißt: Nicht nur die eigentlichen Seiten, die möglicherweise Kinderpornographie enthalten (oder einmal enthielten) werden gesperrt, sondern auch Seiten, die dorthin verlinken. Also beispielsweise auch Wikileaks, die durch die Veröffentlichung der skandinavischen Sperrlisten (indirekt) auf gesperrte Seiten verlinken.

Somit ist relativ kurzfristig für niemanden mehr nachvollziehbar, welche Seiten möglicherweise von einer Zensur betroffen sind. Ein Internetnutzer merkt erst dann, dass er eine Straftat begangen hat, wenn es für ihn zu spät ist. Welche Folgen das hat, sollte eigentlich jedem klar sein: Es wird eine ständige Unsicherheit herrschen, jeder wird permanent in Sorge sein, auf irgendeinen Link zu klicken, den man nicht kennt. TinyURL und ähnliche Dienste werden damit in der Folge tabu sein. Wer sagt mir, dass mir da nicht ein Scherzbold irgendetwas unterjubeln wollte? Noch vor wenigen Tagen wurde erklärt, das Stopp-Schild auf den Sperrseiten solle eine letzte Warnung sein, bevor es zu einer strafbaren Handlung kommt. So schnell ändern sich Gesetzesentwürfe…

Das wirklich üble an dieser ganzen Sache ist, dass hier auf eine wirklich schäbige Art und Weise Grundlagen für eine umfassende Zensur geschaffen werden. Es wird das Thema Kindesmissbrauch missbraucht, um Tatsachen zu schaffen. Wer gegen die Sperrung von Kinderpornographie ist, wird als pädophiler hingestellt bzw. der Verdacht geäußert, man wolle nur verhindern, dass einem das Objekt der Begierde genommen wird. Auf die vielen sachlichen Argumente wurde niemals eingegangen, sie wurden einfach vom Tisch gewischt und den Kritikern um die Ohren gehauen. Und dabei beziehe ich mich nicht allein auf die Kritiken, die Sperren wären (noch) technisch unzureichend. Dass es niemals eine vollkommene Sperre geben kann, ist unbestritten und somit gar nicht diskussionswürdig. Viel schwerer wiegt, dass hier gezielt auf der Basis von Desinformationen Zensurinstrumente installiert werden, um unliebsame Inhalte zu filtern. Das ist ein derart schwerwiegender Eingriff in unserer Grundrechte, speziell mit Blick auf die damit geschaffene Unsicherheit für alle Internetnutzer in Deutschland, dass hier in meinen Augen in jedem Fall ein Volksentscheid her müsste. Dass es diesen niemals  geben wird ist mir natürlich klar, aber ich halte ihn in so einem Fall für absolut erforderlich.

Noch ist das Gesetz nicht bestätigt, noch besteht auch die Chance, dass es in Karlsruhe wieder gekippt wird. Aber es ist für mich eine Katastrophe schlechthin, wenn nur noch das Verfassungsgericht in der Lage sein sollte, auf die Einhaltung unserer Verfassung zu achten. Wir können auf der einen Seite nur hoffen, auf der anderen Seite müssen wir aber weiter aufklären und den Finger wieder und wieder auf die wunden Punkte legen. Es kann und darf nicht sein, dass kritische Stimmen einfach untergehen. Wenn diese Gefahr droht, dann müssen wir einfach lauter werden.

Mehr dazu:
Spreeblick: Von Laien regiert
c’t: Verschleierungstaktik
heise:  Bundeskabinett beschließt Gesetzesentwurf zu Kinderporno-Sperren
fefe erklärt auch wichtige Grundlagen

Nachtrag: Boocompany hat zum Thema Zensursula und Internetsperren einen extrem interessanten Beitrag.
Telepolis: Lügen und Kinderpornographie

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