Verantwortungsloses Gewäsch

„Wer gegen Internetfilter ist, ist für Kinderpornographie!“

Sinngemäß das will uns die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ilse Falk weiß machen. Wortwörtlich schreibt sie in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung:

Kinderpornographie im Internet nimmt zu und wird immer brutaler: Immer mehr Internetnutzer klicken kinderpornographische Seiten an; die Opfer, deren brutale Vergewaltigung Inhalt dieser Filme ist, werden immer jünger: 43% sind jünger als sechs Jahre, 10% sogar jünger als zwei Jahre.

Wer angesichts dieser grauenvollen Tatsachen mit fadenscheinigen Argumenten versucht, die Pläne von Bundesfamilienministerin von der Leyen zu torpedieren, diesem Treiben ein Ende zu setzen, handelt verantwortungslos und stellt die Interessen skrupelloser Geschäftemacher über den Schutz der Kinder.

Kinderpornographische Internetseiten sind keine Kunst, die es zu schützen gilt. Ihre Blockade gefährdet auch nicht das Grundrecht auf Kommunikation und wer die Anstrengungen von Ministerin von der Leyen als „Missbrauch des Missbrauchs von Kindern“ bezeichnet, der handelt verantwortungslos.

Frau Falk, sind Sie eigentlich noch ganz bei Trost? Ist Ihnen eigentlich klar, was für ein verantwortungsloses und gefährliches Gedankengut Sie hier verbreiten? Und ist Ihnen überhaupt bewusst, was für einen Unsinn Sie in Ihrer Pressemitteilung veröffentlicht haben? In welcher Weise schützt bitte eine Filterung unliebsamer Inhalte Kinder bzw. beugt deren Missbrauch vor oder hilft gar bei der Bestrafung der eigentlichen Täter? Welche Beweise gibt es dafür, dass der Konsum derartigen Schunds zunimmt? Wo sind die Beweise für solche Behauptungen?

Wer bitte hat übrigens jemals behauptet, Kinderpornographie wäre Kunst? Wo finde ich die Aussagen derer, die Internetfilter ablehnen, weil sie Zugriff auf kinderpornographische Schundwerke haben wollen? Haben Sie auch nur einen einzigen kritischen Beitrag selbst gelesen?

Die skandinavischen Länder werden ja angesichts ihrer ach so erfolgreichen Umsetzung von Filterlisten hoch gelobt. Nur ein Bruchteil der geblockten WebSites enthielt jemals tatsächlich Material, welches man ansatzweise mit viel gutem Willen in die Kategorie „Kinderpornographie“ einordnen könnte. Wo der Weg tatsächlich hinführen soll, hat irgend so ein Depp ja leider bereits ausgepaudert.

Vor allem und in erster Linie frage ich mich jedoch, weshalb niemand erfahren darf, was tatsächlich gefiltert wird!

Die Liste darf nur den für die Sperrung zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugänglich gemacht werden. Der ISP verpflichtet sich, die in den Listen enthaltenen Angaben nicht an Dritte weiterzugeben oder sonst zu verwenden. Er hat sie durch geeignete Maßnahmen gegen die Kenntnisnahme durch Dritte zu sichern.Er hat überdies sicherzustellen, dass alle Personen, die mit der Sperrung der VDN betraut sind, die in der Liste enthaltenen Informationen nicht an Dritte weitergeben oder sonst verwerten. Diese Verpflichtungen gelten auch im Falle einer Beendigung des Vertrages fort.

Den kompletten Vertragsentwurf kann man hier einsehen. Hoffen wir, dass die ISPs genügend verantwortungsvolles Personal haben, welches die Listen tagesaktuell veröffentlicht. Wenn sich denn wirklich Provider finden, die ohne gesetzliche Grundlage „freiwillig“ Internetzensur unterstützen.

Weitere Details zum Thema findet Ihr unter anderem bei KeenTech.

Tags: , , ,

Internetblockaden gegen Kinderpornographie

„Unsere“ Regierung ist wieder einmal fleißig. Mit Energie und Enthusiasmus wird alles daran gesetzt, den nächsten Meilenstein im Kampf gegen Kinderpornographie zu erreichen: Die Einführung einer geeigneten Schnittstelle bei allen deutschen Provider zu Sperrung der Zugriffsmöglichkeiten auf Internetangebote mit Kinderpornographie. Wow, die geben sich ja richtig Mühe im Kampf gegen KiPo.

Wer in dem letzten Satz eben Ironie heraus gelesen hat, hat gut aufgepasst. KiPo wird meines Erachtens nach mehr und mehr „benutzt“, um Maßnahmen durchzusetzen, die bei kritischer Betrachtung Grundrechte einschränken. Nur – wer ist schon kritisch, wenn es gegen KiPo geht? Reflexartig ist man doch spontan für so eine Maßnahme, es ist doch für die Kinder! Das zeigen auch schön Kommentare zu derartigen Beiträgen, wie beispielsweise aktuell im Focus Online:

„Sofortige Sperrung aller Internetseiten, die auch nur einen Hauch an Kinderpornograhie kollidieren. Das überhaupt solche Internetseite die Provider unterstützen, ist schon eine Riesenschweinerei. Warum wird über dieses Thema noch diskutiert? Mir wird schon bei dem gedanken schlecht ! Alle Kinder brauchen Schutz verdammt nochmal !“

Ja, natürlich! Es ist doch für die Kinder…

Ich frage mich allerdings (und damit stehe ich nicht allein): Wie viele Kinder werden vor Missbrauch geschützt, wenn man Internetseiten sperrt, die KiPo verteilen? Hier möchte ich gern mal ein paar Zahlen sehen. Denn gerade in diesem Bereich werden uns ja gern Zahlen in großem Stil um die Ohren gehauen. Beispiele gefällig? In der Operation Mikado wurden 22 Mio. Kreditkartenkonten auf verdächtige Zahlungen hin überprüft. Beispiellos bislang. Beispiellos auch der Erfolg dieser Aktion: 322 Beschuldigte will man ermittelt haben (Quelle: BKA). Beschuldigte wohlgemerkt – gleichzusetzen mit „Verdächtige“. Von Verurteilten keine Rede. Oder Operation Himmel, geschickt zur Weihnachszeit in den Medien platziert. 12.000 Verdächtige ermittelt, ein Schlag gegen KiPo. Das BKA gibt nach wie vor nur diese Zahl an (Pressemitteilung vom August 2008), obwohl bereits Ende 2007 feststand, dass die meisten Verdächtigungen haltlos waren und noch nicht einmal weitere Ermittlungen nach sich ziehen würden. Von wirklichen Verurteilungen hört/liest man hingegen kaum etwas. Könnte es also sein, dass möglicherweise eventuell vielleicht KiPo gar nicht so weit verbreitet ist, wie uns medienwirksame Verlautbarungen glauben lassen wollen?

Große Zahlen sorgen für ein großes Echo. In den Medien zumindest. Und fragt man mal herum, was davon so hängen geblieben ist, dann wird man eins feststellen: Fast jeder erinnert sich daran, dass tausende Internetnutzer ermittelt wurden, die sich KiPo beschaffen. Wieviele am Ende tatsächlich überführt und verurteilt wurden, weiß nahezu niemand. Dass die meisten Verdachtsfälle bereits verworfen wurden, bevor überhaupt weitere Ermittlungen vorgenommen wurden ebenso wenig. In den Köpfen steht nur die Zahl: 12.000.

Mit solchen Meldungen wird natürlich sensibilisiert. „KiPo – schlimm, böse, extrem weit verbreitet. Wir müssen etwas dagegen tun, oh ja meine Regierung, Sperrungen von Internetseiten, wichtig, richtig. Ihr wisst was gut für uns ist…“ Manipulation in großem Stil wenn ihr mich fragt. Mit nur einem Ziel: Einen Filter bei allen Internetprovidern platzieren, der auf Zuruf hin das Blockieren unliebsamer Inhalte ermöglichen soll. Dagegen kann ja niemand sein, es geht ja gegen die Kinderpornos, es ist ja zum Schutz der Kinder… Schon widerlich, wie dieses Thema ausgeschlachtet wird, um äußerst fragwürdige Maßnahmen umzusetzen.

Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen will ich an dieser Stelle mal gar nicht betrachten. Einzig und allein auf Ungereimtheiten hinweisen und Parallelen aufzeigen. Für die Vorratsdatenspeicherung musste die Terrorgefahr herhalten. Wofür die Daten nun herhalten sollen, ist jedem bekannt: Auch zur Aufdeckung von Straftaten, die mit Hilfe dieser Kommunikationsmittel begangen wurden, sollen die Daten verwendet werden. Ahja… was fällt da wohl alles darunter? Und exakt das gleiche wiederholt sich schon wieder: KiPo wird vorgeschoben, gesperrt wird am Ende etwas vollkommen anderes. Siehe Finnland. Von 1047 gesperrten WebSites fallen gerade mal 37 mehr oder weniger in die Kategorie KiPo.

Noch Fragen?

Update: Heut morgen schreib ich noch darüber und schon ist es passiert: Wir bekommen unseren Filter.

Hat die Polizei ein Kinderporno-Angebot im Internet identifiziert, wird es nach dem norwegischen Modell den Anbietern zur Blockade gemeldet. Klickt der Nutzer dann eine entsprechende Seite an, erscheint auf seinem Bildschirm automatisch ein rotes Stopp-Schild. Ludvigsen: „Wir erheben nicht den Zeigefinger, sondern machen nur darauf aufmerksam, dass hier der Zugang zu einer Seite mit verbotener Kinderpornografie gesucht wird.“ Oft gebe es auch „irrtümliche Einwahlversuche“. Zwischen 15.000 und 18.000 mal am Tag erscheine heute auf norwegischen PC-Bildschirmen diese Stopp-Seite. Die Nutzer würden nur gezählt, nicht namentlich erfasst.

Natürlich nicht, ist ja auch unnötig. Dafür haben wir ja die Vorratsdatenspeicherung. Wer auf der Sperrseite gelandet ist, wird dort ersichtlich. So kann man dann schön zentral mit ein paar Abfragen die Kandidaten für die nächste Operation „Hölle“ (oder wie sie auch immer heißen wird) aussortieren. Und ich verspreche Euch an dieser Stelle, dass es nicht bei KiPo bleiben wird. Wie hab ich die Tage noch an anderer Stelle gelesen? „Um einen Fuß in die Tür zu bekommen, muss man nur genügend Scheiße dran haben, damit ihn keiner anfasst.“ Wohl wahr. KiPo war der Türöffner, gefiltert werden am Ende ganz andere Dinge. Bei ChillingEffects kann man ja durchaus schon seit längerem deutsche Zensurbemühungen nachvollziehen. Wird in Zukunft in dieser Form nicht mehr nötig sein.

Ich geh dann mal kotzen.

Nachtrag: Thomas Knüwer hat ebenfalls einen lesenswerten Beitrag zum Thema geschrieben. Hier entlang bitte.

Nachtrag 2: Auch Netzwertig beschäftigt sich mit der Thematik und liefert ebenfalls einen ausführlichen Kommentar ab.

Tags: , ,

Die Gesundheitskarte im Geldautomaten

Der Sparkassen- und Giroverband biedert sich derzeit an, die Geldautomaten zum eKiosk für die kommende Gesundheitskarte umzurüsten. Die schrecklich tolle Idee (bitte mit Betonung auch „schrecklich“ lesen) ist, dass in Zukunft Geldautomaten genutzt werden könnten, um auf die auf der Karte gespeicherten Daten zuzugreifen. Welchen Sinn das alles tatsächlich haben soll, ist hierbei scheinbar noch vollkommen unklar, bislang lese ich nur von schwammigen Formulierungen wie „Mehrwertdienste“. 

Fefe wies vor einigen Tagen allerdings nicht ganz zu Unrecht auf Risiken dieser Idee hin und die Risiken sind gar nicht mal so an den Haaren herbei gezogen, wie mancher vielleicht meinen mag. Wie beispielsweise die immer wieder anonym zitierten „Datenschützer“. Für Banken ist durchaus interessant, wie es denn um den Gesundheitszustand ihrer Kunden bestellt ist. Und hat man die Karte einmal im Lesegerät… Über Scamming-Module will ich an dieser Stelle nicht mal nachdenken.

Sich als Datenschützer nun hin zu stellen und zu sagen „Als Herr ihrer Daten liegt es in der Hand der Versicherten, die eGK nicht in einen Geldautomaten einzuführen.“ grenzt für mich schon fast an Frechheit. Selbstverständlich ist jeder Einzelne dafür verantwortlich, wo er seine Karte einschiebt, klar. Und selbstverständlich würde auch kaum jemand auf die Idee kommen, seine EC-Karte in einen x-beliebigen Kartenslot zu schieben, nur weil dran steht, dass man es kann. Aber für die wenigsten ist tatsächlich nachvollziehbar, was die Daten auf der Karte wert sind. Ich wage tatsächlich zu behaupten, dass die Bevölkerung absichtlich dumm gehalten wird, sonst wäre der Widerstand gegen das Projekt eGK wesentlich stärker ausgefallen. Aber wir kennen das Prinzip ja: Abwinken, „ist ja alles gar nicht so schlimm“, „nur Vorteile für alle“ und dergleichen, Risiken werden belacht und verneint bzw. gezielt verschwiegen.

Aber spinnen wir uns doch einfach mal ein (gar nicht so unrealistisches) Scenario zusammen: Eine Bank hat Verträge mit dem Betreiberkonsortium für die Infrastruktur der eGK, die Geldautomaten werden als Kiosk genutzt. Für eine kleine „Provision“, natürlich nicht unter dieser Bezeichnung geführt, hat die Bank über eine entsprechende Schnittstelle irgendwo im Code Zugriff auf die Patientendaten auf der Karte. Ein Kunde dieser Bank nutzt gelegentlich seine Gesundheitskarte im Geldautomaten, um Arzneimittelbestellungen abzuwickeln oder was auch immer unter „Mehrwertdiensten“ zu verstehen sein mag. Dieser Kunde ist möglicherweise chronisch krank, vielleicht steht es gesundheitlich sogar recht schlecht um ihn. Diese Information zieht sich die Bank – ob dieser Kunde dann noch als kreditwürdig eingestuft werden würde? Möglicherweise hat der Kunde vielleicht sogar sein Haus oder Auto über seine Hausbank finanziert und kürzlich eine nicht sehr positive Diagnose von seinem Arzt zu hören (und auf die Karte gespeichert) bekommen. Wie würde eine Bank wohl reagieren, hm?

Fantasie? Möglicherweise, möglicherweise aber auch nicht. Wenn Daten vorhanden sind, entstehen Begehrlichkeiten. Wie genau es Konzerne mit gesetzlichen Bestimmungen und dem Datenschutz nehmen muss ich sicher niemandem mehr erklären. Sich dann darauf zu berufen, dass der Patient/Kunde letztlich selbst für seine Daten verantwortlich ist ist sehr zynisch. Das Bewusstsein für den Schutz persönlicher Daten wird hierzulande nicht wirklich gefördert, aus gutem Grund wenn ihr mich fragt. Und ich bin verdammt sicher, dass selbst die hier von mir auf die Schnelle zusammengesponnenen und sogar wirklich naheliegenden Risiken kaum jemanden tatsächlich bewusst sind. Hier wäre es in meinen Augen Aufgabe der Datenschützer, nicht nur die bereits erfassten Daten zu schützen, sondern auch das Erheben weiterer Daten zu verhindern bzw. zu erschweren. Dies auf die Schultern derjenigen abzuwälzen, die dieses System aufgezwungen bekommen, ist in meinen Augen Ignoranz pur.

Tags: , ,

Impressumspflicht für Plakate

Einfach mal beim Udo Vetter nachlesen. Wäre der Lacher des Tages geworden, wenn es nicht so traurig wäre.

Ich habe einen ähnlichen Verdacht, wie es dort schon jemand in den Kommentaren anmerkte:

„Die Methode scheint so langsam zum Trend zu werden: Man verknackt oder verklagt jemanden wegen irgendwelchen fadenscheinigen Mist, der jede nähere Betrachtung überhaupt nicht standhält. Natürlich fliegt der Kram bei der ersten offiziellen Anhörung oder Verhandlung in sich zusammen, aber bis dahin hat derjenige erstmal jede Menge Umstände und Ärger. …“

Der Eindruck entsteht so langsam wirklich.

Tags: , ,