Apple verklagt HTC

Ich bin kein Freund von Apple und seinen Produkten, das kann man in meinem Blog an verschiedenen Stellen lesen. Die Gründe sind unterschiedlicher Natur, beispielsweise mag ich keine Produkte, deren Hersteller meint, sie verdongeln zu müssen und mich somit in meiner Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Ich mag ebenso wenig für Standard-Hardware ein vielfaches dessen zu bezahlen, was sie anderswo kostet, nur weil sie etwas ausgefallener designed ist (und hier oft nicht mal mein Geschmack getroffen wird) und gerade „Hip“ ist. Und am allerwenigsten mag ich Apples Art, mit einer Vielzahl von Trivialpatenten dafür zu sorgen, dass Kunden nur noch bei Apple kaufen können.

Zugegeben, der letzte Nebensatz beschreibt einen Zustand, der noch nicht ganz erreicht ist, aber der Weg geht in diese Richtung. Es werden gezielt vom Standard abweichende Komponenten geschaffen, damit diese patentierbar sind und somit keine Lösung eines Drittherstellers vom Kunden eingesetzt werden kann. Ich denke hierbei nur mal an die Chips im Kopfhörerkabel, die Apple gern etablieren möchte, selbstverständlich patentiert.

Apple patentiert schon seit vielen Jahren alle möglichen Ansätze und Gedankengänge. Oftmals, ohne für eine Idee schon eine Lösung präsentieren zu können, sehr oft auch vollkommen triviale Dinge, die man in vielen Fälle schon anderswo gesehen hat oder die bei genauer Betrachtung nicht einmal ansatzweise eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen. Oft genug hab ich von neuen Patenten Apples gelesen und mir dabei gedacht: „Toll. Und was ist daran jetzt neu oder so besonders?“

Den Grund, weshalb jeder Gedanke, der einem Mitarbeiter mal eben auf dem Klo durch den Kopf geschossen ist, gleich patentiert werden muss (weil es in den USA nun leider möglich ist), präsentiert Apple aktuell mal wieder: Apple verklagt HTC wegen der Verletzung von 20 Patenten. Darunter sind so tolle Patente wie „Unlocking A Device By Performing Gestures On An Unlock Image“, ganz frisch Anfang Februar dieses Jahres erteilt. Gestensteuerung an sich war leider nichts neues aber allein die „Idee“, diese zum Entsperren des Geräts zu verwenden, ist offenbar patentwürdig.

Engadget hat eine Liste aller Patente veröffentlich, gegen die HTC (mit den Android-Geräten) verstoßen haben soll. Kurz zusammengefasst betrifft das die folgenden Patente:

  • Patent #7,362,331: Time-Based, Non-Constant Translation Of User Interface Objects Between States
  • Patent #7,479,949: Touch Screen Device, Method, And Graphical User Interface For Determining Commands By Applying Heuristics
  • Patent #7,657,849: Unlocking A Device By Performing Gestures On An Unlock Image
  • Patent #7,469,381: List Scrolling And Document Translation, Scaling, And Rotation On A Touch-Screen Display
  • Patent #5,920,726: System And Method For Managing Power Conditions Within A Digital Camera Device
  • Patent #7,633,076: Automated Response To And Sensing Of User Activity In Portable Devices
  • Patent #5,848,105: GMSK Signal Processors For Improved Communications Capacity And Quality
  • Patent #7,383,453: Conserving Power By Reducing Voltage Supplied To An Instruction-Processing Portion Of A Processor
  • Patent #5,455,599: Object-Oriented Graphic System
  • Patent #6,424,354: Object-Oriented Event Notification System With Listener Registration Of Both Interests And Methods
  • Patent #5,481,721: Method for providing automatic and dynamic translation of object oriented programming language-based message passing into operation system message passing using proxy objects
  • Patents #5,519,867 and #6,275,983: Object Oriented Multitasking System and Object-Oriented Operating System
  • Patent #5,566,337: Method and apparatus for distributing events in an operating system
  • Patent #5,929,852: Encapsulated network entity reference of a network component system
  • Patent 5,946,647: System and method for performing an action on a structure in computer-generated data
  • Patent #5,969,705: Message protocol for controlling a user interface from an inactive application program
  • Patent #6,343,263: Real-time signal processing system for serially transmitted data
  • Patent #5,915,131: Method and apparatus for handling I/O requests utilizing separate programming interfaces to access separate I/O service
  • Patent #RE39,486: Extensible, replaceable network component system

Beim Überfliegen dieser Patent-Beschreibungen eben dachte ich immer wieder „Ja und?“ oder „Was ist daran neu?“. Manches ist auch einfach nahe liegend und viele von uns kämen nicht mal ansatzweise auf den Gedanken, dass so etwas patentierbar wäre. Ist es aber und genau diese Keule nutzt Apple nur zu gern.

Ich kann sicherlich nachvollziehen, dass ein Unternehmen seine Innovationen schützen will, kosten die doch einerseits Geld und sollen andererseits Geld einbringen. Was mich stört sind Patente, die einerseits darauf ausgerichtet sind, jegliche Innovationen außerhalb dieses Unternehmens im Keim zu ersticken oder die exakt so verwendet werden. Viele neue Ideen bauen prinzipiell auf alten Ideen auf. Die Erfindung der Eisenbahn setzte die Erfindung von Schiene, Rad und Dampfmaschine voraus, der Verbrennungsmotor konnte nur erfunden werden, weil zuvor jemand Benzin hergestellt hatte und das iPhone war nur möglich, weil jemand zuvor Handy und Touchscreen und Betriebssysteme und integrierte Schaltungen und Akkus usw. erfunden hat. Genau das vergisst Apple scheinbar nur zu gern.

Dass Apple bei seinen Entwicklungen selbst nicht mal im Ansatz andere Wege geht wie die Unternehmen, die Apple verklagt, wurde ebenfalls schon recht oft thematisiert. Dass Apple eben nicht das Prinzip der graphischen Benutzeroberfläche erfunden hat, ist nur eine Episode, die gern in Erinnerung gerufen wird. Ganz anders gewichtet werden könnten aktuell Dinge wie beispielsweise ein Patent von Palm (#7,007,239), welches exakt die Oberfläche beschreibt, die Apple im iPhone zur Darstellung der Kontakte und Rufnummereingabe nutzt (siehe Abbildung). Und es gibt noch eine Menge mehr Patente, die Apple mit seinen „Ideen“ verletzt, da diese Ideen oder deren Grundlagen eben schon jemand vor Apple hatte. Dinge, die für Apple wohl ebenfalls trivial erscheinen.

Mir ist klar, dass Apple mit dieser Vorgehensweise nicht allein auf weiter Flur ist. Das ist in diversen Unternehmen Gang und Gäbe und mich stören solche Gebaren. Es stößt mir extrem unangenehm auf, wenn auf diese Weise Wettbewerb verhindert werden soll und es geht mir ziemlich gegen den Strich, wenn ich mich als Kunde an einen Hersteller binden soll, nur weil dieser irgendwelche Patente hält. Und nach meinen Beobachtungen geht Apples Politik exakt in diese Richtung: Jeden Scheiß patentieren, der hierzulande nicht mal als Geschmacksmuster durch ginge, nur um den Wettbewerb fern zu halten und zu verhindern, dass Kunden auf preiswertere, möglicherweise gar bessere Produkte des Wettbewerbs ausweichen. Der oben bereits genannte Chip im Kopfhörerkabel zielt exakt in diese Richtung: Der Kunde soll keine Kopfhörer eines Drittherstellers verwenden können. Es sei denn, Apple darf auch daran verdienen. Und ja, genau das tun auch andere Hersteller, das ist mir durchaus bewusst (Stichwort Tintenpatronen für Drucker).

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EU für mehr Rechtsunsicherheit

Ja, es ist so wie es in der Überschrift geschrieben steht: Die EU ist aktuell fleißig bei der Sache, die Rechtsunsicherheit EU-weit zu verstärken. Ganz speziell rede ich von der zweiten Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte (IPRED2), die heute beraten wird/wurde und am Mittwoch zur Abstimmung kommen soll.

Sollte die Richtlinie in der aktuell vorliegenden Fassung verabschiedet werden, werden in Zukunft in der EU auch private (also nichtkommerzielle) Verletzungen von Urheber- und Patentrechten als Verbrechen gewertet und bestraft. Neben all den bekannten Problemen, die schon seit einiger Zeit lang und breit diskutiert werden, sehe ich hier auch eine große Gefahr für die Open Source Bewegung kommen. Welcher Entwickler, der in seiner Freizeit Software schreibt, würde in Zukunft noch das Risiko eingehen wollen, beispielsweise aufgrund irgendeines abstrusen Patentes zum Verbrecher zu werden? Und das ist nur ein mögliches Szenario von vielen.

Noch gibt es die Möglichkeit, beispielsweise mit einer Online-Petition dagegen zu protestieren. Die Zeit wird jedoch knapp…

via Golem

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