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Mehr zum Heise-Urteil

Weitere Informationen zum Heise-Urteil findet man (neben vilen weiteren Quellen) auch bei fixmbr. Ein recht empfehlenswerter Beitrag, allerdings störte mich dort ein klein wenig der Absatz, der Heise-Verlag würde ein ganz klein wenig die Tatsachen verdrehen und sich selbst als armes Opfer hinstellen (sorry falls die eigentliche Aussage nicht so gemeint war, es liest sich aber so).

Die Problematik ergibt sich für mich aus der Formulierung das Landgerichts Hamburg in der Urteilsbegründung:

Wenn die Antragsgegnerin ein Unternehmen betreibt – und das Bereithalten von lntemetforen stellt eine solche Form untemehmerischen Betriebs dar -, das in großer Zahl Einträge über solche Foren verbreitet, muss sie ihr Unternehmen daher so einrichten, dass sie mit ihren sachlichen und personellen Ressourcen auch in der Lage ist, diesen Geschäftsbetrieb zubeherrschen.

Heisst im Klartext: Wer ein Forum betreibt, handelt geschäftsmässig (Hervorhebung durch mich).

Zudem begründet man beim Landgericht Hamburg das Urteil wie folgt:

Wenn die Zahl der Foren und die Zahl der Einträge so groß ist, dass die Antragsgegnerin nicht Über genügend Personal oder genügend technische Mittel verfügt, um diese Einträge vor ihrer Freischaltung einer Prüfung auf ihre Rechtmäßigkeit zu unterziehen, dann muss sie entweder ihre Mittel vergrößern oder den Umfang ihres Betriebes – etwa durch Verkleinerung der Zahl der Foren oder Limitierung der Zahl der Einträge -beschränken.

Dies widerspricht einer Entscheidung des BGH 11.3.2004 in dem dieser klarstellt, dass es einem Unternehmen

nicht zuzumuten [ist], jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen“.

Eine weitere Pflicht,

Vorsorge [zu] treffen, daß es möglichst nicht zu weiteren derartigen Verletzungen] kommt,

sah der BGH nur, weil die Beklagte an den über die Internetplattform getätigten Geschäften

durch die ihr geschuldete Provision […] beteiligt

war.
Generell setze eine Haftung als Störer im Sinne von § 1004 BGB voraus,

daß für Diensteanbieter zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um eine solche [Verletzung] zu unterbinden. Ihm ist es nicht zuzumuten, jedes in einem automatisierten Verfahren unmittelbar ins Internet gestellte Angebot darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt werden.

Das BGH ist also offensichtlich nicht der Meinung, dass ein “Unternehmen” einfach mehr Personal einstellen sollte, um einen Missbrauch einer solchen Platform bereits im Vorfeld zu unterbinden. Es stellt dies im Gegenteil als unzumutbar dar.

Mehr dazu findet sich in den Kommentaren zu dem Beitrag auf fixmbr, einfach weil ich meinen Senf dazu loswerden wollte 😉 Die kleine Diskussion ist aber garnichts im Vergleich zu dem, was sich heute im Heise-Forum abspielt.

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Forenbetreiber sind für Beiträge haftbar

Geht es nach dem Willen des Hamburger Landgerichts, dann müssen Forenbetreiber in Zukunft jeden Beitrag vor der Veröffentlichung auf rechtliche Zulässigkeit prüfen. Ist dies mit den zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen nicht zu schaffen, dann müssen diese entweder erweitert, oder aber der Forenbetrieb muss eingeschränkt (oder eingestellt) werden, da es sich bei Webforen um eine „besonders gefährliche Einrichtung“ handelt.

So zumindest geht es aus der Urteilsbegründung zum Urteil zur Forenhaftung heror, wie Heise berichtet.

Bereits vor der Veröffentlichung dieser Urteilsbegründung gab es diverse Anwälte, die dieses Urteil nutzten, um unliebsame Beiträge aus Foren entfernen zu lassen. Bislang ging man jedoch von der Annahme aus, dass der Heise-Verlag gesondert zu betrachten sei, da das Forum in einer presseähnlichen Form die Beiträge veröffentlichen würde. Diese Differnezierung findet sich jedoch nicht in der Urteilsbegründung wieder, was die bisherige Trennung aufhebt. Mit anderen Worten: Jeder Forenbetreiber haftet persönlich für sämtliche Beiträge in seinem Forum. Und dies nicht erst nach Inkenntnissetzung, sondern unmittelbar bei Veröffentlichung.

Die Hamburger Richter haben wieder einmal gezeigt, wie man mit wenigen Worten den Standort Deutschland schädigen kann. Statt Rechtssicherheit wurde in Sachen Internet ein weiteres Loch geöffnet, um welches viele in Zukunft einen großen Bogen machen werden. Viele Foren, die von Enthusiasten in ihrer Freizeit betrieben werden, könnten angesichts einer solchen persönlichen Bedrohung für den Forenbetreiber über kurz oder lang ihre Pforten schließen. Zu all den bereits existierenden rechtlichen Unsicherheiten gesellt sich nun eine neue, die vielen verständlicherweise schlicht und ergreifend zu riskant ist. Danke Landgericht Hamburg! Dank Euch muss sich in Zukunft niemand mehr vor den gefährlichen Forenterroristen fürchten. Worte sind schliesslich Sprengstoff…

Der Verlag will gegen dieses Urteil selbstverständlich Rechtsmittel einlegen.

Nachtrag: Weitere Details zum Urteil und zur Urteilsbegründung habe ich inzwischen im ElbeBlawg gefunden.

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Neuer Blogger-Maulkorb

Der Hessi entwirft Drucksachen und möchte diese gern zu Papier bringen lassen. Also beauftragt er ein Unternehmen, dies für ihn zu tun. Denn die können das, steht groß und breit auf ihrer WebSite. Der Hessi überweist Geld, denn dann geht es schneller. Steht auch auf der WebSite. Aber die Drucksachen kommen nicht, und niemand geht ans Telefon, wenn der Hessi fragen will, wo die (bereits bezahlten) Drucksachen bleiben.

Der Hessi ärgert sich und schreibt das in sein Blog (Eintrag leider gelöscht). Andere lesen das und kennen das Problem, schreiben ihre Erfahrungen als Kommentar zu seinem Beitrag. Und der Hessi stellt fest: Er steht mit seinem Problem nicht allein da, denn auch da und da und da berichten andere von ähnlich schlechten Erfahrungen.
Google liebt Blogs. Und Google liebt Seiten, auf die von vielen anderen Seiten aus verlinkt wird. Denn das sind interessante Seiten. Deshalb landen sie bei Google ganz weit oben in den Suchergebnissen. Und weil Hessis Kritik (Eintrag leider gelöscht) von sehr vielen verlinkt wurde und Google Blogs liebt, landete sein (leider gelöschter) Beitrag auf Platz 2 der Suchergebnisse, wenn man nach diesem Unternehmen sucht.

Doch all das gefällt dem kritisierten Unternehmen nicht. Denn so werden viele potentielle Opfer Kunden abgeschreckt und schicken vielleicht kein Geld per Vorkasse. Und dann kann man sich die schöne bunte WebSite vielleicht irgendwann nicht mehr leisten. Deshalb beauftragt das Unternehmen einen Anwalt, um dem bösen Hessi mal zu sagen, dass er das nicht darf. Weil es nicht schön ist, wenn man einfach seine schlechten Erfahrungen aller Welt mitteilt. Denn so etwas sollte man für sich behalten. Man teilt seine schlechten Erfahrungen nicht mit anderen, das ist unanständig. Sagt der Anwalt. Denn das ist sein Job. Genau so wie es eigentlich der Job des Unternehmens gewesen wäre, dem Hessi seine Drucksachen zu schicken, die er schon bezahlt hatte. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.

Der Anwalt weiss aber leider nicht sehr viel vom Internet, dem Recht der freien Meinungsäußerung und von vielen anderen Dingen. Denn er soll ja nur seinen Job machen: Dem bösen Hessi den Mund verbieten und verhindern, dass andere potentielle Opfer Kunden das Unternehmen in Zukunft meiden. Denn sonst verliert er ja einen Kunden, wenn es das Unternehmen nicht mehr gibt. Aus die Maus.

Nachtrag: Der gelöschte Beitrag vom ach so bösen Hessi ist natürlich dank Google immer noch verfügbar. Der werbeblogger hat drauf hingewiesen, ich hab in meinem Schreibwahn überhaupt nicht an den Link gedacht 😉

Nachtrag 2: Inzwischen scheint man sich doch zu besinnen, wie man im FNP-Weblog nachlesen kann. Interessant ist für mich jedoch die Aussage, dass es nie um den Beitrag an sich, sondern um einen der Kommentare zum Beitrag ging. Auch die Platzierung bei Google wäre nie ein Problem gewesen. Aber genau diese Dinge wurden im Schreiben des Anwalts bemängelt und abgemahnt. Also scheint mir die aktuelle Aussage doch nur einen beschwichtigenden Hintergrund zu haben. Die beste Lösung für alle Seiten wäre nun: Den Anwalt zurückpfeiffen und in Zukunft die Kommunikation verbessern. Die Botschaft entsteht bekanntlich beim Empfänger…

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Maulkörbe für Blogger

Udo Vetter schreibt in seinem Lawblog:

„…Die halbgaren, lieblosen juristischen Argumente in den jüngsten Abmahnschreiben belegen, dass es den Iniatoren um mehr geht als den Einzelfall. Sie wollen – für ihre jeweiligen Auftraggeber – Angst verbreiten, die Schere im Kopf der Blogger installieren. Wenn du was über die schreibst oder zulässt, dass über die geschrieben wird, brauchst du einen Anwalt. Also lass es besser…“

Ein lesenswerter Artikel über die jüngsten Versuche von diversen Unternehmen, unerwünschte (aber oft nicht unrichtige) Kritik in Weblogs und Foren auszumerzen, indem Blogger und Forenbetreiber mittels Klageandrohungen zur Löschung unbequemer Beiträge gezwungen werden. Bitte lesen!

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