Anmerkung: Aufgrund von Fällen wie meinem, den ich hier beschreibe, wurde erneut eine hitzige Debatte über die Verwendung von Klarnamen in Onlinediensten angestoßen, die zum Teil ein gutes Stück unter der Gürtellinie geführt wird. Meine Meinung dazu findet Ihr unter „Mein Beitrag zur Diskussion um Klarnamenpflicht„.
Doch nun zum Thema:
Hier und auch anderswo trete ich schon seit vielen vielen Jahren unter meinem Pseudonym „XSized“ auf. Dieses Pseudonym entstand als ich begonnen hatte, Musik von mir zu veröffentlichen (ein paar vereinzelte Tracks von mir gibt es tatsächlich auch noch im Netz). Den Namen habe ich seitdem beibehalten, unter diesem Namen läuft auch meine private Domain.
Den Namen nutzte ich bei MySpace, ich veröffentliche gelegentlich Fotos unter diesem Namen, ich twittere als XSized und selbst bei Facebook findet man mich so. Und – ich nutze seit was weiß ich wie vielen Jahren dieses Pseudonym als private eMail Adresse. Bei Googlemail. Incl. Google-Profil, seit es das gibt. Immer und überall war ich als „XSized“ unterwegs und habe dennoch an vielen Stellen die Möglichkeit geschaffen, meinen Realnamen zu sehen, es ist für jeden eine Leichtigkeit festzustellen, wer XSized ist. Da muss man bspw. einfach nur mal hier ins Impressum schauen… Ich nutze dieses Pseudonym also nicht, um meine Identität zu verschleiern, sondern einfach aus Gewohnheit und weil mich eine Menge Leute unter diesem Namen kennen. Und mit „Mirko Weiße“ nicht sonderlich viel anfangen können. (Neben den aufgezählten Plätzen im Web gibt es unter Garantie eine Vielzahl mehr, wo man mich als XSized findet. Ich hab nur gerade keine Lust zu suchen…)
Wie gesagt: mein Google-Profil lautete über Jahre hinweg auf den Namen „XSized“. Irgendwann wurde ein Nachname erforderlich, da hatte ich dann „himself“ eingetragen. Und genau so landete mein Profil dann auch bei Google+, als ich letztens Zugang erhielt. Und war seitdem dort so zu sehen. Bis vorhin. Denn vor einigen Minuten wurde ich so in meinem Google+-Profil begrüßt:
Mein Profil ist also gesperrt. Ohne Vorwarnung und übergangslos. Und ganz ehrlich: So cool ich Google und die Produkte auch finde und so gern ich viele Produkte auch nutze – an dieser Stelle agiert Google sehr uncool. Natürlich, ich wurde noch nicht heraus geworfen, ich kann Google+ noch lesend nutzen. Dass man meine alten Beiträge allerdings noch lesen kann bezweifle ich, neue kann ich nicht verfassen (und so auch meine Kontakte nicht anschreiben). Und das ist ziemlich daneben.
Ich beschwere mich jetzt sicher nicht, weil man mir „mein Spielzeug“ weggenommen hat oder dergleichen, das wär kindisch und albern. Ich finde lediglich die Vorgehensweise an dieser Stelle unangemessen. Gerade bei einem neuen Dienst, bei dem Google zu vieles so richtig macht, darf man nicht derart falsch vorgehen. Angemessen hätte ich gefunden, wenn man mich darauf hingewiesen hätte, dass Pseudonyme nicht erwünscht sind und man mir eine gewisse Zeit einräumen würde, meinen Realnamen einzutragen. Vollkommen unproblematisch, hätte nicht weh getan, ich hätte es vielleicht ein wenig doof gefunden, aber letztlich die Änderung ohne zu murren vorgenommen. Aber diese Vorgehensweise entspricht vollkommen der, die Google eben auch in der Vergangenheit bei anderen Produkten an den Tag gelegt hat und für die Google vielfach kritisiert wurde.
Schade, diese Aktion trübt meinen bisher durchgehend positiven Eindruck von Google+. Ich habe meinen Namen inzwischen dort auf Mirko „XSized“ Weiße geändert und das verlinkte Formular ausgefüllt (auch wenn das Formular genau diesen Punkt „Ich habe meine Daten korrigiert“ gar nicht abdeckt) und harre nun der Dinge, die kommen mögen. Und ärgere mich ein wenig. Ein ganz klein wenig zumindest.
Nachtrag: Während ich nach wie vor zumindest in meinen Streams lese, kommen mir dann auch so offensichtliche Realnamen wie „Darth Vader„, „Yoda“ und „Han Solo“ unter die Augen. m(
Nachtrag 2: Erfahre gerade via Twitter, dass andere sogar mit ihrem Realnamen zunächst gesperrt und anschließend gelöscht wurden. Beispielsweise Tobias Wimbauer.
Nachtrag 3: thinq_ berichtet über einen ähnlichen Fall und im Augenblick deutet alles darauf hin, dass Google eine anonyme (bzw. pseudonymisierte) Nutzung nicht zulassen will. In den Community-Richtlinien, auf die Google in dem Sperrhinweis verweist, steht hierzu:
„Anzeigename
Verwenden Sie den Namen, mit dem Sie normalerweise Freunde, Familie und Kollegen angesprochen werden. Dies dient der Bekämpfung von Spam und beugt gefälschten Profilen vor. Wenn Ihr vollständiger Name zum Beispiel Michael Sebastian Müller ist, Sie normalerweise aber Michi Müller oder Bastian Müller verwenden, ist dies auch in Ordnung.“
Inwiefern das Verbot, mein seit weit über 10 Jahren etabliertes und bekanntes Pseudonym zu verwenden, der Spambekämpfung dient, hat sich mir allerdings noch nicht erschlossen. Auf das Telemediengesetz, auf das Josh K. Phisher vollkommen zu Recht hinwies, will ich gar nicht erst groß eingehen an dieser Stelle. Trotz allem habe ich Stefan Keuchel, Sprecher von Google Deutschland, die Frage gestellt, wie Google grundsätzlich zu §13 Abs. 6 Telemediengesetz steht.
Nachtrag 4: Wie ich inzwischen feststellen musste, kann ich nun mit meinem Account auch Buzz nicht mehr nutzen. Kommentieren etc. ist für mich nicht mehr möglich. Ich nutze Buzz seit bestehen und IMMER schon nur unter meinem Pseudonym. Ich korrigiere aktuell mein vorhin geäußertes „ein klein wenig ärgern“ zu „die Wut kommt hoch“. Sorry Google, bisher hab ich Euch immer die Stange gehalten, aber jetzt geht Ihr echt zu weit. Wann verliere ich wohl meinen Mailaccount?
Nachtrag 5: Der Wahnsinn geht weiter. Im Google Reader, den ich ebenfalls seit Verfügbarkeit nutze, darf ich nun auch keine Empfehlungen mehr geben. Darüber habe ich zum Beispiel auch meinen Twitter-Account gefüttert. Google sperrt mich also systematisch aus allen Diensten, die ich seit Verfügbarkeit in Deutschland nutze und auch immer wieder weiterempfohlen habe, mit einem Rutsch aus. Ich weiß gerade nicht so recht, was ich dazu sagen soll, ich bin baff angesichts einer derartigen Vorgehensweise. Wie schon geschrieben: Mal schauen, wie lange mein eMail-Account wohl noch funktioniert.
Nachtrag 6: Ich habe Googles Pressesprecher Stefan Keuchel nun persönlich angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten.
Nachtrag 7: Eben gerade (20:10Uhr) flattert eine eMail von Google herein, die Antwort auf mein ausgefülltes Formular heute Nachmittag (siehe oben). Inhalt:
Hallo,
Vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme mit Blick auf unsere Überprüfung der Name, den Sie versuchen, in Ihrem Google-Profil verwenden. Nach Prüfung Ihrer Beschwerde haben wir festgestellt, dass der Name, den Sie verwenden möchten unsere Community-Standards verstößt. Google Profile erfordert, dass Sie den Namen, die Sie häufig durch in den Alltag gehen zu verwenden. Sie können unsere Community Standards bei
http://www.google.com/support/profiles/bin/answer.py?answer=1228271
überprüfen
Mit freundlichen Grüßen,
Neil
Die Google Profile Support Team
Hi,
Thank you for contacting us with regard to our review of the name you are trying to use in your Google Profile. After review of your appeal, we have determined that the name you want to use violates our Community Standards. Google Profiles requires you to use the name that you commonly go by in daily life. You can review our Community Standards at
http://www.google.com/support/profiles/bin/answer.py?answer=1228271
Sincerely,
Neil
The Google Profiles Support Team
Überflüssig zu erwähnen, dass mein Profil trotz geänderten Namen weiterhin gesperrt ist. Theorie: Da hat keiner drauf geschaut nachdem ich das Formular ausgefüllt habe. Den Namen habe ich nämlich geändert, BEVOR ich das Formular an Google gesendet habe.
Nachtrag 8: Ein offener Brief an Google von Stefan (palisadesberlin) Baumgartl, der es auf den Punkt bringt. Zitat:
(…)Dazu kommt, viele von uns sind seit Jahren im Netz unter einem Pseudonym aufgetreten, bekannt geworden, bei Twitter, Facebook oder im eigenen Blog (jaja, das Wort Stringenz war noch nie so ihres?)
Natürlich melden sich viele dieser User auch hier mit o.g. Pseudonym an. Diese Profile, ohne Vorankündigung (ich nehme an automatisiert?) zu sperren oder zu löschen finde ich, zumindest, fragwürdig und erinnert mich im Umgang mit den Usern und deren Bedürfnissen an ein anderes großes soziales Netzwerk.
Außerdem erschließt sich mir kein Unterschied zwischen: Ich (Stefan B.) melde mich hier z.B. als Lieschen Mueller an und darf rein bzw. drinbleiben und als palisadesberlin fliege ich raus ?
Nachtrag 9: Kurz nach 0Uhr und es kommt Bewegung in die Angelegenheit. Zunächst mit dem Kommentar von Stefan hier unter diesem Beitrag, inzwischen mit einer weiteren Meldung des Support Teams. Nachdem ich den Hinweis bekommen hatte, mein (bereits geänderter) Name entspräche noch immer nicht den Richtlinien (wir erinnern uns, ich hatte meinen Namen in Mirko „XSized“ Weiße geändert), hatte ich zähneknirschend dann auch noch das Pseudonym weggelassen. Schlicht und ergreifend „Mirko Weiße„. 3/4 der Leute, mit denen ich in Kontakt bin, weiß damit zwar nix anzufangen, aber ok. Ich habe auch das Formular erneut ausgefüllt, diesmal eine gute Handvoll an „Beweis“-URLs mitgeliefert und bekam eben die Antwort:
Hi Mirko Weiße,
Your name still violates our policy because of the ß in your last name.
Here is the link where you can go over our name policy.
After you have edited your name send me an email and I will re-review your
Profile.
Ehrlich? Ich habe eben Tränen gelacht, ganz im Ernst. Ich konnte nicht glauben, was ich gelesen habe. Ich habe dann in meiner Antwort darauf hingewiesen, dass ich nun mal so heiße, was soll ich machen… Und habe nun statt meinem richtigen Namen wieder ein „Pseudonym“ im Profil: Mirko Weisse. Genial! 😉
Nachtrag 10 (und vorläufiges Ende): Über Nacht wurde mein Profil wieder aktiviert und ich erhielt folgende Mail:
Hi Mirko Weisse,
Thank you for contacting us with regard to the name you want to use with your Google Profile. After further review, we have determined that your name is within our Community Standards policy. Thank you for your patience while we reviewed your profile name. The reason we do not want special symbols in names like, ß, is that it makes searching for your name harder.
Sorry Google, aber DIESE Begründung ist ehrlich daneben. Für den Fall, dass mich jemand mit meinem echten Namen kennt und mich bei Google+ sucht, wird er meinen Namen (wahrscheinlich) richtig schreiben. Dumm ist nur, dass derjenige mich nun nicht finden wird! Ich hab es probiert. Eine Suche nach „Mirko Weiße“ liefert – nichts. Eine Suche nach „XSized“ hingegen führt inzwischen auf mein Profil – aber nicht etwa über meinen Alias…nein, meine eMail-Adresse wird gefunden (und angezeigt)! Wie steht es doch gleich noch mal unter den Profileinstellungen?
Ach ja: „Ihre tatsächliche E-Mail-Adresse wird dem Absender nicht angezeigt.“ In der Suche aber schon?
Kann das vielleicht mal jemand ausprobieren und mich bei G+ mit meinem Pseudonym suchen? Seht ihr bei der Eingabe in den Vorschlägen meine Mailadresse? Habt Ihr mich in einem Circle? Hab ich Euch auch in einem Circle? Habt Ihr meine Mailadresse schon in Euren Kontakten? Über Antworten wäre ich dankbar, es wäre sicher interessant zu wissen, unter welchen Umständen die Mailadresse angezeigt wird.