Archiv für nervend

Rosa Unmut

Bei BooCompany ist derzeit eine Mail zu finden, die offenbar ein Mitarbeiter der Telekom an den Vorstand seines Unternehmens gesendet hat. Glaubt man den Informationen zu diesem Schreiben, dann geht diese Mail derzeit im Konzern herum und trifft den Nerv der Angestellten. Über die Authentizität ist mir nichts bekannt, allerdings wirkt das Schreiben aufgrund verschiedener Hinweise auf interne Abläufe auf mich persönlich durchaus authentisch.

Ein Zitat aus dem Schreiben:

„… Letzter Auslöser war ihre wiederholte Forderung, bei uns Mitarbeitern eine größere Bindung zum Unternehmen zu erzeugen. Dazu kann ich ihnen nur erwidern, dass ich und die meisten meiner Kollegen im kleinen Finger mehr Unternehmensbindung haben, als ihre ganze Führungsriege zusammen. Ich werde ihnen auch sagen warum. …“

Es lohnt sich tatsächlich, diese Mail einmal in Ruhe durchzulesen, denn die dort dargestellten Sachverhalte betreffen sicherlich nicht allein das Unternehmen Telekom, sondern könnten so und in ähnlicher Form eigentlich den meisten Großunternehmen vorgeworfen werden. Diese Entwicklungen sind zudem nicht neu, ebenso wenig die Erkenntnis, dass letzten Endes diejenigen auf der Strecke bleiben, die ein Unternehmen groß gemacht haben.

Zufälligerweise hatte ich vorgestern nun auch ein kurzes Gespräch zu diesem Thema, dessen Inhalt/Fazit ich hier ganz kurz in wenigen Zeilen zusammenfassen möchte. Ausgangspunkt: Das Unternehmen Telekom ist zu teuer und hat deshalb mit sinkenden Marktanteilen zu kämpfen. Manager-Entscheidung: Umstrukturierung und Stellenabau, um wieder konkurrenzfähig zu bleiben. Eine rein qualitative Entscheidung allein aufgrund von Zahlenwerten.
Betrachtet man das ganze jedoch qualitativ dann wird man feststellen können: Die hohen Kosten entstehen zu einem guten Teil durch enorme Rückforderungen aufgrund mangelnder Qualität.

Tritt man nun einen Schritt zurück und schaut sich das ganze im Überblick an dann erkennt man: Die Lösung wäre: Steigerung der Qualität. Erreichen will man dies offenbar durch Einsparung von Arbeitskräften. Ein unsinniges Unterfangen, wie den meisten sicherlich einleuchten wird. Und hier schließt sich der Kreis zu der oben verlinkten Mail eines mehr als unzufriedenen Mitarbeiters der Telekom.

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SuperGu vs. Pligg

Soeben habe ich einen ziemlich interessanten Beitrag auf dem Pligg Blog gelesen. Laut diesem Beitrag versuchen die Macher von SuperGu im Augenblick, Pligg aufgrund angeblicher Copyrightverletzungen das Leben schwer zu machen.

Zunächst aber kurz ein paar Details zu Pligg und SuperGu:
Bei Pligg handelt es sich um ein Open Source Projekt, welches einen auf dem Code von menéame basierenden digg-Klon entwickelt. Ich verfolge das Projekt schon geraume Zeit und finde die Ergebnis inzwischen bereits sehr gelungen und schon recht ausgereift. Ich selbst nutze derzeit den Code von Pligg für die Umsetzung eines eigenen Projektes (zu welchem ich in naher Zukunft hier Details veröffentlichen werde. Noch ist das „Psssst!“).

SuperGu möchte einen eigenen digg-Klon auf die Beine stellen, soweit ich das beurteilen kann, als Closed Source. Auch hier greift man auf den menéame-Code zurück, den man laut eigener Aussage mit kreativen Ideen bereichert und erweitert. Aber: Es existiert außer ein paar winzigen Screenshots bislang nichts. Nicht einmal die Demo ist bislang nutzbar.

Schauen wir uns nun einmal die Vorwürfe an sich an (Zitat aus dem Schreiben der Anwälte von SuperGu):

The overall layout and functionality of your yget template is similar in look and feel to SuperGu’s software. First, the location and shapes of the vote box are substantially similar with only a minor variation of inverting the chevron between he vote option and total vote tabulator. Second, the navigation tabs along the top of your yget template, „Published“, „Unpublished“ and „Submit a new story“ are dentical. Third, the left side vertical menu on SuperGu has only been shifted to the right side. Fourth, the „Search“ field is in the same location as SuperGu. Fifth, the „sort“ feature located underneath the search field is in the same location as SuperGu despite the utilization of different words to achieve the same meaning to the user. Sixth, the „RSS“ button (top right) next to „sort“ and underneath „search“ is similar to SuperGu’s RSS icon. Seventh, the „Tag“ feature is located in identical location as SuperGu’s placed in the storybox beneath posted by“ and above „story description.“ Eighth, the „Storybox“ is the same location as SuperGu and includes the same features of „Comment“ „Add the link to…“ (Save), and „Tell a friend“(Email). Ninth, the page numbers at the bottom of the screen are similar to SuperGu’s design, and they function the same as SuperGu. Tenth, the verbiage „Powered by Pligg“ is identical to „Powered by SupcrGu.“

Last, the „sidebar“ menus are the same as SuperGu in appearance and method of operation. Within the sidebar menus the registration/login box which looks and operates the same as SuperGu. Furthermore, the Ajax effect applied to all the boxes within the sidebar menu when they open and close is identical. The dialog boxes open/close with a button which operates and looks similar to SuperGu with only the minor variation of placing the down arrow in a circle as opposed to a square. The „read more“ link operates the same and is in the same location as SuperGu’s „more“ button.

Alle Achtung, das sind ja jede Menge Copyrightverletzungen! Man sollte sich wohl beide Varianten einmal genauer anschauen. Auf der einen Seite die Pligg-Demoseite, auf der anderen Seite den existierenden Screenshot von SuperGu. Ähnlichkeiten erkannt?

Interessant finde ich als erstes, dass hier eine Ähnlichkeit von Funktionalitäten als Copyrightverletzungen angesehen werden. „Read more“ funktioniert genau wie „more“? Nein! Und das ist ja auch eine vollkommen neue, nie dagewesene Funktionalität, die noch niemand zuvor jemals so genutzt hat! Das RSS-Icon ist das gleiche? NEIN! Unfassbar, am besten gleich die Mozilla Foundation verklagen! Und hey, mal ganz ehrlich: „Powered by Pligg“ im Footer der Seite – das ist doch ganz klar abgekupfert… Auch die Navigation zwischen den einzelnen Seiten hab ich SO noch nie gesehen…

Auch die anderen Vorwürfe sind meines Erachtens nach nicht wirklich haltbar. Sie sind in meinen Augen durch die Bank weg an den Haaren herbei gezogen, Pligg geht da gestalterisch mit dem yget Template keine neuen Wege, all das sieht man seit vielen Jahren in dieser und ähnlicher Form auf den unterschiedlichsten Seiten. Interessant wird das ganze Theater allerdings noch durch die Tatsache, dass den Pligg-Machern offenbar ein/e Dokument/Datei vorliegt, in der jemand von SuperGu Anweisungen erhält, wie er das yget-Theme von Pligg für SuperGu nachbauen soll.

Richtig spannend und unterhaltsam wird das Ganze nun aber noch durch die Tatsache, dass SuperGu Rechte an Code anmeldet, der nachweislich 1-zu-1 aus dem Pligg-Repository bei Sourceforge kopiert wurde. Und offenbar ebenso überprüfbar von Pligg-Entwicklern stammt. Eigentor?
Nun, wie mir scheint versucht hier jemand, lästige Mitbewerber, die etwas auf die Beine gestellt haben, durch den Einsatz rechtlicher Mittel zu beseitigen. Von dem SuperGu-Projekt gibt es nach wie vor nichts zu sehen außer ein paar Screenshots. Die Tatsache, dass Pligg recht weit gediehen und durchaus für den praktischen Einsatz nutzbar ist, scheint hier jemandem ein riesiger Dorn im Auge zu sein. Sollten die Angaben der Pligg-Macher allerdings tatsächlich so stimmen, dann dürfte die ganze Angelegenheit für SuperGu mächtig nach hinten losgehen. Dumm ist nur wie immer in solchen Fällen: Die Geschichte kostet die Pligg-Macher sicherlich eine Menge Geld. Ich hoffe nicht, dass diese Aktion aus diesem Grund letztlich dann doch zu einer Einstellung des Projekts führen wird.

Update: SuperGu hat nun eine Passwortabfrage vor die WebSite geschaltet. Wahrscheinlich war der Ansturm dank digg dann doch wesentlich größer, als erwartet. Auch die Foreneinträge nach dieser Aktion waren alles andere als freundlich. Verständlicherweise…

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Wieder eine Chance verpasst

Sie lernen es einfach nicht, die Medienkonzerne: Viacom, unter anderem die Muttergesellschaft von MTV, will Google und im speziellen Youtube.com auf 1 Mrd. Dollar Schadenersatz verklagen. Der Grund: Copyrightverletzungen durch die Nutzer. Nach Meinung von Viacom ist der Dienst Youtube.com speziell darauf ausgelegt, Urheberrechtsverletzungen der Nutzer zu ermöglichen, die Geschäftspraktiken seien unlauter.

Doch weshalb rede ich nun von einer verpassten Chance? Nun, Viacom versucht natürlich, einen ähnlichen Dienst wie Youtube an den Start zu bringen oder die Inhalte über Joost zu verteilen. Wie erfolgreich so ein aufgesetzter Nachahmer sein könnte, kann sich jeder leicht ausrechnen. Statt nun mit Google in erneute Lizenzverhandlungen zu treten und ein vernünftiges Abrechnungsmodell auf die Beine zu stellen, versucht man einen lästigen Störenfried zu beseitigen und weiter den gewohnten Trott beizubehalten. So langsam kann ich mir die mangelnde Flexibilität der Medienkonzerne nur noch mit einer Ursache erklären: pure Dummheit.

Vielleicht will man sich aber auch nur in eine günstigere Verhandlungspostion für die Wiederholung der Lizensierungsgespräche rücken, who knows. Verlierer bleibt man so jedoch trotzdem.

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Diktatur der Contentindustrie

Jeder kennt sicherlich dieses Szenario aus dem einen oder anderen Film: Ein mächtiger Konzern hat die Weltherrschaft an sich gerissen und kontrolliert die Bürger. Politiker werden durch die Konzernspitze eingesetzt und kontrolliert und sind nur noch Marionetten, um den Schein zu wahren. Die Bürger werden auf Schritt und Tritt überwacht und im Bedarfsfall ausgeschaltet, dazu setzt der Konzern seinen unternehmenseigenen „Wachschutz“ ein, gern in schwarzen Uniformen. Mitten drin dann unser Held. Oft eine spannende und fantasievolle Geschichte, irgendwann in ferner Zukunft angesiedelt.

Unsere Demokratievernichter sorgen derzeit dafür, dass die Realität diesen Zukunftskinofantasien einen Schritt näher kommt. Der Bundesrat hat sich gestern nämlich dafür ausgesprochen, der Musikindustrie (und Filmindustrie) eine „Enttarnung von Urheberrechtsverletzern“ zu erleichtern. Der Auskunftsanspruch gegen unbeteiligte Dritte (wie z.B. Internetprovider) soll nach dem Willen des Bundesrates in Zukunft für die Vertreter der Contentindustrie dahingehend vereinfacht werden, dass ein richterlicher Beschluss zur Herausgabe der Daten nicht notwendig sein soll. Um es vereinfacht zu erklären: Glaubt ein von der MI beauftragtes Unternehmen wie bspw. Logistep ausreichend Hinweise auf eine Urheberrechtsverletzung von einer bestimmten IP-Adresse aus gefunden zu haben, dann soll dieses Unternehmen in Zukunft direkt den Internetprovider auf die Herausgabe der Daten der zu dieser Adresse gehörenden Person ansprechen können. Der „mühsame Umweg“ über die Behörden sowie der Einsatz der für solche Fälle bislang vorgesehenen Rechtsmittel wäre also nicht mehr nötig.

Damit scheint die in der Vergangenheit angewandte Taktik der Contentindustrie nun Erfolg zu haben. Mit automatisierten Massenanfragen haben Unternehmen wie Logistep die Justizsysteme versucht lahm zu legen. Dem sollte nun begegnet werden, indem für jede Anfrage eine Bearbeitungsgebühr von 200 Euro erhoben wird und zudem ein Richtervorbehalt vorgesehen war. Die Mitglieder des Bundesrates haben sich jedoch gegen diese von der Regierung geplante Maßnahmen ausgesprochen und wollen im Gegenteil die Erlangung dieser Auskünfte immens erleichtern. Mit diesem Schritt würden nun private Unternehmen in gewissem Rahmen ähnliche Rechte wie der Polizei bzw. dem Justizapperat zugesprochen. Die Prüfpflicht der Provider soll entfallen, da ein Auskunftsanspruch nur bei einer „offensichtlichen“ Rechtsverletzung bestünde, wenn also ein Verstoß gegen das Urheberrecht „eindeutig“ und damit jeglicher „Zweifel in tatsächlicher, aber auch rechtlicher Hinsicht“ ausgeräumt sei. Exakt letzteres wird in einem Rechtsstaat durch Angehörige der Justiz entschieden, genau dafür gibt es den Justizapperat. Und auch dieser Schritt würde, sollte dieses Ansinnen so umgesetzt werden, in die Hände von Privatunternehmen gelegt werden.

Es ist im übrigen sicherlich nicht notwendig zu erwähnen, dass mit dieser Entscheidung des Bundesrates die Forderungen der Contentindustrie nahezu wortwörtlich übernommen wurden und umgesetzt werden sollen. Und damit schließt sich der Kreis zu meiner Einleitung: Ein Industriezweig fordert die Einschränkung der Rechte der Bürger, fordert mehr Rechte für sich und fordert die Möglichkeit der Umgehung rechtsstaatlicher Grundsätze für sich selbst. Und die Politiker machen sich an die Arbeit, diese Forderungen umzusetzen. Wie weit sind wir damit noch von meinem eingangs beschriebenen Szenario entfernt?

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