Archiv für kranke welt

Alte Schachtel

Morgens gelingt es mir meist, recht entspannt Richtung Büro zu zuckeln und auch ebenso entspannt dort anzukommen. Heute hat es nicht ganz funktioniert. Kurz nach der Abfahrt meinte doch eine Dame älteren Baujahrs tatsächlich, unmittelbar vor mir mit quietschenden Reifen aus einer Ausfahrt herausschießen zu müssen. Mein leicht erschrockener Blick nach dem reflexartigen Herabsetzen meiner Geschwindigkeit von ca. 30 auf 0km/h binnen Sekundenbruchteilen wurde dann mit deutlich erkennbarem Gezeter ihrerseits und dem berühmten Wedeln der Hand vor der Stirn in meine Richtung beantwortet.

Das sind so diese Augenblicke, in denen die Entspannung schlagartig verschwindet und man geneigt ist, aus zu steigen, die Fahrertür des vor einem stehenden Fahrzeugs zu öffnen und freundlich, aber bestimmt ein paar Sätze zu sagen, die mit „VERDAMMTE ALTE SCHACHTEL…“ beginnen.

Tut man natürlich nicht.

Raus muss es aber trotzdem.

Tags: Keine Tags

Zum Wohle der Kinder…

Vorab ein Statement für all jene, die in meinen Artikel irgendwelche Dinge hineindeuten möchten (leider muss man so etwas explizit schreiben): Ich bin ein absoluter Gegner von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie. Dennoch sehe ich das, was im Rahmen von „Ermittlungen“ gegen diese Dinge getan wird durchaus kritisch, deshalb dieser Artikel.

Von der Operation „Himmel“ erfuhr ich aus dem Autoradio während meiner weihnachtlichen Fahrt zu meiner Familie. Es wurde die Ermittlungsarbeit der deutschen Polizei bejubelt, von über 12.000 Verdächtigen war die Rede, gegen die wegen Besitzes von Kinderpornographie ermittelt würde, zahlreiche Hausdurchsuchungen hätten bereits stattgefunden und umfangreiches Beweismaterial wäre sichergestellt. Auslöser dieser Aktion wäre ein Internetprovider gewesen, der aufgrund eines enormen Datenvolumens die Polizei eingeschaltet hätte. Soweit die Nachrichten, die ich am 25.12. mehrfach auf der Fahrt hörte.

Meine erste Reaktion: Meine Güte, das kann nicht wahr sein. Dann kam der 2. Gedanke langsam hoch, der in etwa folgenden Inhalt hatte: Ein Internetprovider stellt fest, dass eine Seite enorm viel Traffic erzeugt und benachrichtigt DESHALB die Polizei? Das klingt ja fast wie: Ein Telekommunikationsanbieter stellt fest, dass von einem Anschluss aus besonders viel telefoniert wird und benachrichtigt deshalb die Polizei.
Eher hat da jemand beim Provider geschnüffelt, was denn da so abgeht und hat anschließend die Polizei benachrichtigt. Was ja eigentlich nicht zulässig ist, aber im Rahmen des Kampfes gegen …etc.

Natürlich hat mich diese Nachricht weiterhin beschäftigt, auch weil ich sie von da an jede halbe Stunde zu hören bekam. Und mit jedem Mal kam mir die ganze Angelegenheit unrealistischer vor, mehr und mehr erinnerte mich die Sache an „Mikado“. Damals wurden die Transaktionen von 22 Mio. Kreditkartenbesitzern überprüft, um Personen zu finden, die möglicherweise den Zugriff auf eine WebSite mit kinderpornographischem Material erkauft haben. In etwa 380 „Verdächtige“ wurden auf diese Weise produziert, wie vielen von diesen „Verdächtigen“ tatsächlich strafbare Handlungen nachgewiesen wurden, ist meines Wissens nie bekannt geworden. Und vor diesem Hintergrund (sowie aufgrund meiner Erfahrungen zum Thema „Internet“ allgemein) erschien mir die Zahl von 12.000 Verdächtigen, gegen die ermittelt würde, als vollkommen utopisch und unrealistisch.

Und es kam, wie es kommen musste: kurz darauf änderten sich die Nachrichten ein wenig. Plötzlich wurden aus den 12.000 Verdächtigen „einige hundert“, zudem wurde geäußert, dass die meisten Zugriffe nur einmalig bzw. „wenige Sekunden lang“ waren und man in dieser Zeit unmöglich Bilder hätte herunter laden können. Weiterhin sei davon auszugehen, dass die meisten Besucher eher zufällig auf die Seite gelangt wären und diese sofort wieder verlassen hätten. Und somit die Verfahren gegen diese Personen eingestellt würden. Die sensationelle Meldung entpuppt sich also wieder als Marketingmaßnahme der Ermittlungsbehörden die damit unter Beweis stellen wollen, wie toll sie doch den Kampf gegen derartige Machenschaften führen. Letztlich zeigt man auf diese Weise jedoch wieder einmal, mit wie wenig Kompetenz man dabei zu Werke geht.

Prinzipiell: Es ist sicherlich richtig und wichtig, in solchen Fällen zu ermitteln und Täter zu bestrafen. Aber statt das Unkraut heraus zu rupfen, brennt man ohne Rücksicht auf Verluste ganze Felder nieder und rühmt sich anschließend damit, eine erfolgreiche Aktion durchgeführt zu haben. Den missbrauchten Kindern hat man so jedoch nicht geholfen, die eigentlichen Täter werden schon aufgrund der Ermittlungsmethoden wie so oft nicht ermittelt, stattdessen produziert man Kollateralschäden ungeahnten Ausmaßes. Zwei solche Beispiele erwähnt aktuell Udo Vetter auf seinem Blog: Vom „Himmel“ in die Hölle und Sandra-model2.mpeg. Diese beiden Fälle zeigen deutlich, mit welchen Methoden die Ermittlungsbehörden Verdachtsmomente konstruieren, die sich letzten Endes vielfach als vollkommen unsinnig bzw. unhaltbar herausstellen. Aber zunächst in einer Pressemitteilung fantastisch klingen. Die in den beiden Fällen betroffenen Personen sind allerdings für lange Zeit stigmatisiert und zumindest Job und Familie los. Toll!

Die wirklichen Täter werden mit solchen Ermittlungsmethoden niemals dingfest gemacht, allenfalls wird es mit sehr sehr viel Glück Zufallstreffer geben, der Rest ist gewarnt. Den missbrauchten Kindern hat niemand geholfen, einzig und allein die Statistik am Jahresende sieht richtig geil aus. Wie viele Kinder allerdings aufgrund derartiger Ermittlungsmethoden in Zukunft ohne ihre Väter aufwachsen werden, das steht in keiner Statistik.

Allerdings kann man sich nun aufgrund dieser Meldungen recht einfach hochrechnen, wann man selbst aufgrund eines möglichen Fehlklicks ins Visier der Ermittler gerät. Dank Vorratsdatenspeicherung zum Beispiel.

Tags: , , ,

Gerangel um die Killerspiele

Unsere Regierung hat es schon nicht leicht: Kaum dass die neue „Errungenschaft“ im „Kinderschutz“ verkündet wurde, hagelt es von alle Seiten Proteste. Dabei war man so kreativ in der Neudefinition des Begriffes „Killerspiel“. Wurden bislang noch „gewaltverherrlichende“ Spiele als Killerspiele bezeichnet, zählen nun „gewalltbeherrschte“ hinzu. Geschickter Schachzug eigentlich, Verherrlichung von Gewalt konnte man ja nun wirklich nahezu keinem Spiel nachsagen, von ein paar (längst indizierten) mal abgesehen.

Und nun kommt dieses ganze undankbare Gesocks einfach so daher und mault über dieses tolle neue Gesetz. Dabei hat man sich doch so viel Mühe gegeben und sämtliche Expertenmeinungen sowie die Stimmen Betroffener gezielt überhört. Dass es den ollen Gamern nicht recht sein würde war ja klar, die müssen ja immer meckern. Sollen doch gefälligst Tetris auf der Lanparty spielen, gibts ja auch als Netzwerk-Version. Aber nun kommt auch noch die Industrie daher und bezeichnet das tolle neue Gesetz als verfassungswidrig. Denken die denn überhaupt nicht an die armen Kinder, denen es nach einer Einführung dieses Gesetzes viel besser gehen wird? Wie kann man nur…

Aber auch aus einer anderen Richtung weht der Regierung hier der Wind ins Gesicht: Bayern gefällt die ganze Sache so auch nicht. Nein, keine Angst, Bayern denkt natürlich an die Kinder, viel mehr als unsere Regierung. Deshalb geht es den Bayern auch gegen den Strich, dass dieses Gesetz so lasch ausfallen soll. Ein Herstellungsverbot soll her, strafbewehrt! Wo kämen wir denn sonst hin, Sodom und Gomorrha… Sowas kann eine christliche Partei nicht durchgehen lassen.

Nun, liebe Regierung, was jetzt? Nachbessern? Noch einmal von vorn diskutieren? Alles neu aufrollen und erneut verhandeln? Noch einmal alles durchkauen und diese lästigen Argumente anhören?

Oder vielleicht einfach mal auf den Hintern setzen und die WIRKLICHEN Probleme anfassen? An Killerspielen ist noch kein Kind verhungert, Killerspiele sorgen nicht dafür, dass Kinder und Heranwachsende keine Perspektiven sehen und Angst vor der Zukunft haben. Und übrigens: Killerspiele sind auch nicht für den Terrorismus verantwortlich, falls dieser Einwand kommen sollte. Aber publikumswirksamer Aktionismus ist ja so viel einfacher als echte Problemlösungen. Stimmts?

Tags: ,

…nichts zu befürchten?

Meine Meinung zur Datensammelwut unserer Behörden dürfte hinlänglich bekannt sein. Auch meine Meinung zu der Aussage „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten…“

Wie schnell man anlässlich einer Großveranstaltung oder zu anderen Anlässen in eine Kontrolle gerät, ist sicher den meisten bekannt, viele haben dergleichen garantiert auch schon selbst miterlebt. Man lässt sie über sich ergehen, gehört eben dazu und gut ist. Die Daten/Personalien werden unter Umständen aufgenommen, gespeichert…und kommen irgendwann wieder zm Vorschein, wenn man überhaupt nicht mehr daran denkt. Wie in dem Fall, den Udo Vetter beschreibt.

Tags: