Nun doch Kompletthaftung für Forenbetreiber?

Chris berichtet auf Fixmbr über den Verlauf und den Ausgang der Verhandlung im Fall Supernature Forum. Und nach seiner Sicht ist die Verhandlung mehr als schlecht gelaufen und der Ausgang lässt über das am 2. März zu verkündende Urteil kaum noch Zweifel offen: Das Hamburger Gericht ist der Auffassung: Der Betreiber einer Webseite haftet in jedem Fall für Äußerungen Dritter auf seiner Seite/in seinem Forum.

Der Forenbeitreiber muss jederzeit damit rechnen, dass persönlichkeitsverletzende Äusserungen in seinem Forum getätigt werden.

Wie also auch im Fall Heise wird hier wieder einmal von den Hamburger Gerichten eine Rechtsauffassung an den Tag gelegt, über die die Internetgemeinde nur ungläubig mit dem Kopf schütteln kann. Und es zeigt sich einmal mehr, warum einzelne Anwälte in Sachen Internetrecht explizit in Hamburg klagen. Nachtigall, ick hör dir trapsen…

Sollte die Meinung der Richter so in das Urteil einfließen, ist die Rechtssicherheit für Webseiten- und Forenbetreiber in Deutschland wieder einmal gefährdet. Selbst angesichts der Tatsache, dass andere Gerichte wesentlich realitätsnähere Urteile gefällt haben, beharrt man in Hamburg stocksteif auf dieser vollkommen weltfremden Auffassung.

Angesichts der Tatsache, dass die Abmahnung gegen das Supernature Forum aufgrund des Heise-Urteils erfolgte, bevor überhaupt eine Urteilsbegründung vorlag, sollten Forenbetreiber sich nun schon einmal warm anziehen. Ich sehe die nächste Abmahnwelle gegen Foren oder auch Blogger und andere Webmaster schon auf uns zu rollen.

Ich fürchte, Forenbetreiber und Webmaster könnten in Zukunft versuchen sich zu schützen, indem sie vor die Freigabe eines Beitrages oder Kommentars erst einmal eine manuelle Kontrolle setzen, neue Postings landen in einer Moderationsschleife und werden erst nach vorheriger Überprüfung aktiviert. Doch selbst das bietet keinen sicheren Schutz. Wie will ein Betreiber eines solchen Dienstes sicher beurteilen können, ob ein Beitrag wirklich rechtlich einwandfrei ist und mit diesem Beitrag nicht irgendeine Person oder ein Unternehmen verunglimpft wird oder sich auch vielleicht nur irgendein Spinner angegriffen fühlen könnte? Also werden im Zweifelsfall mit Sicherheit mehr Artikel gelöscht, als nötig. Freier Meinungsaustausch? Unmöglich angesichts derartiger Aussichten! Kritische Beiträge? Sicherheitshalber löschen. Wer möchte schon ein finanzielles Risiko eingehen, wenn er ein Forum als Hobby betreibt? Hier wird ganz klar von einem deutschen Gericht Zensur gefordert. Ist das mit unseren Grundrechten vereinbar?

Meine Befürchtungen gehen sogar so weit, dass eine Menge gute Foren und Webseiten angesichts derartiger Risiken ihren Pforten schließen werden. Es macht einfach keinen Spaß, sich einem derartigen Risiko ausgesetzt zu sehen. Und wie soll man bitteschön ein gut laufendes Forum betreiben, wenn man jeden einzelnen Beitrag vor der Freigabe überprüfen muss? 24h am Tag, 7 Tage die Woche? Wie sollen Diskussionen entstehen, wenn zwischen Absenden eines Beitrages und seiner Veröffentlichung unter Umständen mehrere Stunden liegen, weil der Moderator gelegentlich auch mal schlafen oder arbeiten muss?

Hoffen wir alle, dass SEHR BALD eindeutig klar gestellt werden wird, dass die Haftung nicht so weit geht, wie das Landgericht Hamburg es gern sehen würde. Sonst wird es recht bald dunkel im deutschen Internet. Justitia sollte die Augenbinde abnehmen und endlich einmal die Augen öffnen.

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Saublöde Brötchen

Ich wollte ja eigentlich nicht schon wieder über Abmahnungen und Maulkörbe schreiben; es macht einfach keinen Spaß, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Aber andererseits nerven mich genau diese Dinge so sehr, dass ich dann am Ende doch nicht meine Klappe halten kann. Und aktuell sind es wieder mal 2 Fälle, die mir ziemlich auf die Nerven gehen.

Da hätten wir zum ersten das Brötchenfoto.
Ein (nun Ex-)Blogger suchte ein Foto eines Brötchens für sein Blog, wurde via Bildersuche fündig und stellte das Foto in einem seiner Beiträge online. Das Foto wurde von dem Fotografen, der es angefertigt hatte, dort entdeckt und dieser mahnt nun den Blogger aufgrund widerrechtlicher Nutzung ab. Streitwert: 6000 Euro!

Nun, die eine Sache ist die Verwendung des Fotos durch den Blogger. Das war, mal krass gesagt, dumm. Hätte er besser wissen sollen, keine Frage. Die Rechte liegen beim Fotografen und insofern ist es auch für mich nachvollziehbar, dass der ein wenig angepisst ist.
ABER: Ein Streitwert von 6000 Euro für ein Allerweltsfoto ist nicht nur übertrieben, das ist gierig! Auf wessen Veranlassung hin dieser Streitwert festgelegt wurde, keine Ahnung. Aber er ist nicht mal im Ansatz angemessen, nicht für ein solches Foto. Wie schreibt es Thomas Klotz in seinem Kommentar so treffend?

„Der Streitwert für den Unterlassungsanspruch kann maximal so hoch sein wie die Beeinträchtigung, die von dem beanstandeten Verhalten ausgeht, soll heißen: Maximal so hoch wie der Honoraranspruch.“

Ich bin wirklich neugierig, wie man mit einem Foto eines Brötchens einen Honoraranspruch von 6000 Euro begründen will. Für mich ist das nicht nachvollziehbar. Aber vielleicht bringt da ja der Beitrag von Marius ein wenig Licht in die trübe Suppe.

Die 2. derzeit aktuelle Geschichte ist der erneute Versuch, einem Blogger einen Maulkorb umzuschnallen, da seine Satire manchem zu bissig erscheint. Oder einfach nur saublöd.

Die Rede ist von 2 Abmahnungen zweier Mediamärkte gegen media-bloed.de und fettisch.de. Der Betreiber beider Seiten nimmt dort die aktuelle saublöde Kampagne aufs Korn, indem er sie in abgewandelter Form überspitzt nachstellt. Wie das eben so funktioniert in der Satire. Den Mediamärkten war dies jedoch ein Dorn im Auge, sie sehen eine Verletzung ihrer Markenrechte und zudem wettbewerbsrechtliche Probleme. Und ließen aus diesen Gründen den Blogger durch ihren „Ich bin doch nicht blöd“-Anwalt abmahnen.

Im Law-Blog wird der ganze Sachverhalt mal fein säuberlich aufgedröselt und am Ende bleibt von den Vorwürfen eigentlich nichts mehr übrig, was eine Abmahnung rechtfertigen könnte. Aber wie das eben so ist bei Abmahnungen: die Rechtmäßigkeit oder Sinnhaftigkeit wird erst vor Gericht festgestellt. Und das kostet Geld. Und darauf bauen eben diese „Goliath gegen David“-Abmahnungen auf: eine gerichtliche Auseinandersetzung scheuen die meisten aufgrund der hohen Kosten und des Risikos und lassen sich so den Mund verbieten.

Und das Fazit aus beiden Geschichten ist wieder einmal: Solange Abmahnungen nicht abgeschafft oder für den ersten Fall der Kostennote beraubt werden, werde ich hier sicher noch viele weitere derartige Vorfälle zur Sprache bringen müssen. Leider.

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Verdächtig des Besitzes von Kinderpornografie (Upd.)

Ich stehe also unter Verdacht. Unter dem Verdacht des Besitzes von Kinderpornographie. Oder der Verbreitung, so sicher bin ich mir da nicht. Aber verdächtig muss ich sein, anders kann ich mir zumindest nicht erklären, dass der Zahlungsverkehr meiner Kreditkarte überprüft wurde, wie für ca. 22 Millionen andere Kreditkartenbesitzer ebenfalls.

Zumindest stehe/stand ich nicht allein unter Verdacht, das beruhigt mich ein wenig. Und die Tatsache, dass ich über diese Maßnahme durch den Newsticker und nicht durch eine Handvoll Beamte vor meiner Wohnungstür erfahren habe zeigt mir: ich brauche mir auch weiterhin keiner Schuld bewusst sein und wurde offenbar wieder von der Liste der Verdächtigen gestrichen. Auf die ich auch niemals tatsächlich gehörte.

Auch SPON berichtet darüber und weiß wohl, wie es zu dieser Aktion kam: Weil Kriminalbeamte aus Sachsen-Anhalt einer Strafanzeige gegen Unbekannt nachgingen und außer einer WebSite, die diesen abartig ekelhaften Müll verbreitet hat nichts vorzuweisen hatte. Also wurden flugs sämtliche deutschen Kreditkarteninhaber unter Generalverdacht gestellt und der Zahlungsverkehr ihrer Kreditkarten für einen bestimmten Zeitraum auf verdächtige Zahlungen hin überprüft. Was zur Ermittlung von 322 Tatverdächtigen führte. Das rechtfertigt natürlich die Überprüfung eines guten Viertels der deutschen Bevölkerung.

Angesichts solcher Maßnahmen fühle ich mich nun gleich viel sicherer, vielen Dank liebe deutsche Justiz, vielen Dank liebe Freunde und Helfer der Polizei. Darf ich nun in Zukunft davon ausgehen, das pauschal sämtlicher Zahlungsverkehr aller Konten überprüft wird um festzustellen, ob irgend jemand Zahlungen auf Konten irgendwelcher Chemiekonzerne angewiesen hat? Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass dieser Jemand vielleicht eine Bombe basteln möchte. Denn wie wir alle wissen ist die Terrorgefahr neben Kinderpornografie und Musikpiraterie ein weiterer wichtiger Grund, unsere Grundgesetze mit Füßen zu treten.

Update: Ich möchte an dieser Stelle auch noch auf ein paar weiterer Beiträge im Web verweisen, die das Thema vielleicht auch aus einer etwas anderen Blickrichtung beleuchten. Und nicht ganz so polemisch reagieren, wie ich in diesem Fall…

Aus dem zuletzt verlinkten Beitrag von Udo Vetter möchte ich einen Abschnitt noch ergänzend besonders hervorheben, weshalb ich ihn hier nun zitieren werde:

„Die bloße Existenz einer Internetseite mit Kinderpornografie liefert keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass diese Seite auch von deutschen Kunden aufgesucht und von dort gegen Bezahlung strafbare Inhalte heruntergeladen werden.

Die diesbezügliche Annahme der Staatsanwaltschaft war eine reine Spekulation. Es wurde ins Blaue hinein unterstellt, dass es deutsche Kunden geben könnte. Die für Ermittlungen erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte (Zahlung aus Deutschland auf das betreffende Konto) wurden gerade erst durch die beanstandete Maßnahme produziert!

Wollte man schon aus der bloßen Existenz einer Internetseite mit strafbaren Inhalten künftig einen hinreichenden Tatverdacht dahingehend herleiten, dass Deutsche dieses Angebot nutzen, wäre der andauernden Überprüfung des gesamten Zahlungsverkehrs aller Bundesbürger Tür und Tor geöffnet. Und das nur aus der vagen Möglichkeit heraus, dass der eine oder andere von etlichen Millionen möglicherweise von einem derartigen Angebot Gebrauch macht.“

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DOSB vs. Saftblog – es bleibt dabei

Irgendwie war mir bereits vor dem Wochenende klar, dass es so kommen würde:

„Heute abend erhielt ich dann doch noch einen Anruf von unserem Anwalt, der inzwischen mit dem Anwalt des Abmahnenden sprechen konnte. Das Ergebnis dieses Gespräches war, daß man keine Veranlassung sieht, über ein Entgegenkommen zu verhandeln und die Abmahnung vollumfänglich bestehen bleibt. Was anderes hatten wir eigentlich auch nicht erwartet, denn es ist klar, daß diese Marke im Interesse der Sponsoren geschützt werden muß.“ (Zitat Saftblog)

All die Beiträge, die voller Vorfreude bereits gesehen haben, dass die Kuh vom Eis sei, waren voreilig und leider von zu viel Optimismus geprägt. Dieser war unangebracht, wie man inzwischen nachlesen kann.

Kirstin Walther vom Saftblog bittet darum, ihren Beitrag nicht weiter zu verlinken, dieser Bitte komme ich gern nach. Ich kann mich aber nicht ausreichend zusammenreißen, um mir einen eigenen Beitrag zu verkneifen. Denn irgendwie wirkt die Sache nun auf mich, als sollte dem Saftblog auch die Solidarität oder zumindest das Mitgefühl der Blogger zum Verhängnis werden. Zumindest wirkt Kristins Bitte auf mich, als wären da einige harsche Worte gefallen, die Veröffentlichung des Beitrages über die Abmahnung betreffend. Ist natürlich nur meine Mutmaßung.

Am Freitag konnte man eine Mitteilung des Pressesprechers des DOSB lesen, über die ich mich zwischenzeitlich bereits ausgelassen hatte. Was man da von sich gegeben hat … ach, lassen wir das.
Andererseits lese ich nun heute morgen an gleicher Stelle einen weiteren Beitrag, der mich etwas nachdenklich stimmt. Natürlich sind auch hier wieder nur Mutmaßungen möglich, wurden diese Aussagen doch gezielt vorsichtig formuliert. Aber mit scheint, als wäre das Fehlen eines klärenden direkten Gespräches nun der Aufhänger, an dem das Fortbestehen der Abmahnung fest gemacht wird.

Ich bin ganz ehrlich: Ich weiß nicht, ob ich nach einer solchen Abmahnkeule und den Worten des Pressesprechers bereit zu einem persönlichen Gespräch gewesen wäre. Dass ich persönlich mich ein wenig verarscht gefühlt hätte, hatte ich bereits erwähnt. Man kann auch nur vermuten, welchen Rat ein Anwalt in so einem Fall geben würde bzw. konkret gegeben hat. Es wäre in meinen Augen allerdings schade, sollte hier die Chance auf eine Einigung vergeben worden sein, aus welchen Gründen auch immer. Fakt ist nun jedoch, dass die Angelegenheit nun juristisch ausgetragen wird und sicherlich nicht geklärt werden wird, was genau an den beiden betroffenen Beiträgen unrechtmäßig war. Denn so klar ist das nach wie vor nicht.

Fakt ist: Die Abmahnung war in meinen Augen ein nur zu offensichtlicher Versuch, mit allen Mitteln irgendwelche Rechte durchzusetzen, die mehr als umstritten sind. Die Höhe des Streitwertes zeigt für mich deutlich, dass man eine Beleuchtung der rechtlichen Grundlagen verhindern will. Dem hätte allerdings auch ein persönliches Gespräch inklusive einer Einigung zugearbeitet. So, wie es sich allerdings jetzt gestaltet, wird der DOSB in seiner Vorgehensweise bestätigt: Ist die Keule nur groß genug, duckt sich jeder darunter weg, statt die Keule zu zerbrechen.

Was jetzt noch bleibt, ist eins: Den Vorfall nicht einfach sang- und klanglos in Vergessenheit geraten lassen, sondern die Vorgänge und den Verein weiterhin in der Öffentlichkeit halten, das Thema weiter beleuchten. Denn es wird sicher weitere Vorfälle dieser Art geben, ich sehe das genau wie Robert Basic. Und leider haben in diesem Fall Vermittlungsversuche, so gut sie auch gemeint waren und so enthusiastisch sie auch durchgeführt wurden, nur eines verhindert: dass einem Abmahner öffentlich auf die Finger gehauen wird.

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